Klappe, die Zweite

03.03.2020
Joa, dann schreib ich mal wieder was - es geht um mein Arbeitsleben. Viel Spaß beim Lesen:


Am 21. August 1989 hab ich meine Ausbildung zur Fahrzeugstellmacherin (Karosseriemodellbauerin) beim Daimler angefangen. Eine teils schöne und teils sehr heftige Zeit, in der ich auch tiefe Tiefs kennenlernen musste. Um mir mein Jahr Vollzeitschule zur Erlangung der Fachhochschulreife leisten zu können, hab ich nach der Ausbildung einige Wochen in der Montage gearbeitet. Dann ging's los mit lernen, lernen und nochmal kernen. Mit der Fachhochschulreife in der Tasche zurück zum Daimler, wo ich dann den neu geschaffenen Dualen Techniker Fachrichtung 'Automobilkonstruktion' starten wollte. Dank wirtschaftlich schlechter Lage wurde diese aufbauende Ausbildung wieder eingestampft bevor sie überhaupt losging. Joa, dann stehst im Werk, hast einen Arbeitsvertrag aber keine Aufgabe. Letztendlich durfte ich als 'Holzteileentwicklerin' zu den so genannten Herrenschreinern. Die hießen damals so, weil sie Spezialwünsche aus Holz für den gehobenen Kundenkreis erfüllten. Innerhalb des knappen Jahres, in dem ich dabei war, entstand das erste Holz-Leder-Lenkrad. Leider wurde der gesamte Bereich nach extern verlagert und ich war wieder ohne Aufgabe. Hätte theoretisch wieder in die Produktion müssen, wobei ich mir dachte, dass es gut war einmal dort gearbeitet zu haben, ich jetzt aber einen anderen Bereich kennenlernen will. So bewarb ich mich im Versorgungsbetrieb, also im Kantinenbereich, wo eine Bedienung für das Führungskräfte-Casino gesucht wurde und durfte da anfangen. Zwei andere Bedienungen waren der Meinung etwas ganz Besonderes zu sein und mobbten mich von Tag 1 an. Grausam. Nach der Einarbeitung durfte ich ins Kundencenter wechseln, lernte von zwei Restaurantfachmännern alles über guten Service und bediente ca. 2 Jahre unsere werten Kunden. Da ich mich nicht ganz doof angestellt hatte, bekam ich eine interne Cafeteria zur Leitung. Leider konnte ich aber nichts recht machen, Hilferufe nach Infos, wie ich meinen Job gut machen kann blieben ungehört. Ich hab gekämpft wie eine Löwin. Aber es nutzte nichts. Irgendwann war ich so fertig, dass ich sonntags weinte weil der Montag vor der Tür stand. Ich biss weiter auf die Zähne aber irgendwann ging's einfach nimmer. Ich warf meinem Chef nicht nur sinnbildlich die Schlüssel auf den Tisch und meinte 'ich putz lieber Klos und schäl Kartoffeln' was ich dann auch tat. Dann war klar, ich such mir was Neues. 

Im Sommer 97 fing ich in der Verfahrensentwicklungswerkstatt an. Eine interessante Zeit begann. Zuerst wurde ich gleich mal ins Lacklabor verliehen und lernte zu lackieren, alles Mögliche über Lack usw. Auch lernte ich dort tolle Mädels kennen, fortan waren wir die Lackladies. Zu einer, der lieben Rita, hab ich bis heute freundschaftlichen Kontakt. Zurück in der Werkstatt führte ich Scherzugversuche für die Sachbearbeiter durch, begleitete eine Doktorarbeit zu Kunststofffügeverfahren und lernte Roboter zu programmieren. Bald hatte ich meinen eigenen Versuchsaufbau und integrierte die Anlage in den Rohbau. Später durfte ich immer mehr Schriftverkehr erledigen und beerbte einen Kollegen, der in Rente ging in der Arbeitsvorbereitung. Dies öffnete mir nach einer gewissen Zeit die Tür zur Düsenentwicklung für die Hohlraumkonservierung. Im Juni 2005 wars so weit, ich tauschte die blauen Klamotten gegen Bildschirm, Maus, CAD und Bürostuhl. Hier hatte ich nach holprigem Beginn weil mein damaliger Chef keine Frau im Team wollte, 10 tolle Jahre. Was mich immer begeistert hat, war die Vielseitigkeit der Aufgabe und, dass man sich kreativ einbringen konnte. Da wir bei der Inbetriebnahme der Düsen, zur Schulung der Mitarbeiter in der Wachslinie und zum Qualitätscheck vor Ort sein sollten, war ich in den verschiedensten Werken auf der 'ganzen' Welt. Hambach (Frankreich), Vitoria (Spanien), Juiz de Fora (Brasilien), Beijing (China), .... Einerseits sehr stressig, andrerseits total interessant. Wie wird in Auslandswerken gearbeitet, wie ist der Umgang untereinander. In Beijing war ich bestimmt 20 mal und einmal sogar 6 Wochen am Stück. Anfangs, das war im April 2009, war ich eine von max. 15 Kollegen, die nach Beijing gereist sind. Das Misstrauen war erstmal riesengroß. Aber dann war doch recht schnell klar, dass ich kein böser Spitzel bin, sondern das gleiche Ziel habe wie die asiatischen Kollegen: gute Autos bauen. Sie fingen an, meinem Know-how zu vertrauen. Freundschaften sind entstanden, ich durfte sogar zu einer Chinesischen Hochzeit. So eine große Ehre! Wir haben noch immer Kontakt, im März 2019 war ich privat drüben und hab die beiden, die mittlerweile eine zuckersüße 4 jährige Tochter haben, besucht. 2015 wollte ich mich dann beruflich verändern, mochte aber mein Umfeld so gern, dass ein Abteilungswechsel für mich nicht in Frage kam. Unsere Einrichtungsplaner waren unterbesetzt und ich bekam den Job, fing wieder bei Null an und lernte, was ein Planer so alles zu tun hat. Mein erstes Projekt sollte eine neue Lackierung für East London (Südafrika) sein. Nach einer ersten Dienstreise starb das Projekt. So landete ich im Projekt Mexiko. In Aguascalientes sollte zusammen mit Nissan ein neues Produktionswerk entstehen. Schwieriges Terrain. 3 grundverschiedene Nationalitäten (Mexikaner, Japaner und wir), zwei Automobilbauer, viel Politik, Missverständnisse usw und wir mitten drin. Seit Oktober 2018 gehöre ich jetzt zum Team, das eine neue Lackierung für das Werk Hambach plant und umsetzt. Auch hier ist es wieder sehr spannend, da der Lieferant und auch so manche Konstellation neu sind..........